Die sogenannte Reiterzehe beschreibt eine Fehlstellung der Zehen, bei der ein Zeh – meist der zweite – über den benachbarten Zeh zu „reiten“ beginnt. Medizinisch spricht man von einer Digitus superductus-Deformität. Diese Fehlstellung kann nicht nur ästhetisch störend wirken, sondern auch Schmerzen bereiten und das Gehen oder das Tragen von Schuhen erheblich erschweren.
Ursachen und Risikofaktoren
Die Entstehung einer Reiterzehe ist häufig multifaktoriell bedingt. Eine wichtige Rolle spielen genetische Veranlagungen, insbesondere wenn im familiären Umfeld bereits Fußfehlstellungen wie Hallux valgus oder Spreizfüße bestehen. Ein Spreizfuß führt dazu, dass sich das Mittelfußgewölbe absenkt – dadurch vergrößert sich der Druck auf den zweiten und dritten Mittelfußknochen, was die Fehlstellung begünstigen kann. Auch schlecht sitzendes Schuhwerk, insbesondere enge oder spitze Schuhe mit hohen Absätzen, fördern die Fehlbelastung der Zehen und können langfristig zu einer Reiterzehe führen.
Weitere Ursachen sind Verletzungen, rheumatische Erkrankungen, neurologische Störungen oder muskuläre Ungleichgewichte im Fußbereich.
Typische Beschwerden und Diagnose
Patienten mit einer Reiterzehe klagen häufig über Schmerzen im betroffenen Zehenbereich, insbesondere beim Tragen geschlossener Schuhe. Druckstellen, Schwielen oder Hühneraugen (Clavus) können sich entwickeln. Zudem kann das Gehen unangenehm oder instabil werden.
Die Diagnose wird in der Regel klinisch gestellt. Der Arzt untersucht die Fehlstellung im Stand und in Bewegung. Zusätzlich kann eine Röntgenaufnahme in Belastung (also im Stehen) notwendig sein, um die Stellung der Knochen und Gelenke genau zu beurteilen und andere strukturelle Veränderungen auszuschließen.
Konservative Behandlungsmöglichkeiten
Nicht jede Reiterzehe muss operiert werden. Besonders im Anfangsstadium kann eine konservative Therapie gute Erfolge erzielen. Spezielle Einlagen helfen dabei, den Druck auf den Vorfuß zu reduzieren und die Zehenachse zu entlasten. Auch Zehenspreizer, Polster oder individuell angepasste Orthesen können helfen, die Fehlstellung zu korrigieren oder das Fortschreiten zu verlangsamen.
Physiotherapeutische Maßnahmen zielen auf die Kräftigung der Fußmuskulatur und Verbesserung der Statik ab. Barfußlaufen – insbesondere auf unebenem Untergrund – kann unterstützend wirken. Zudem sollten Betroffene auf geeignetes Schuhwerk achten: flach, breit und mit genügend Platz für die Zehen.
Wann ist eine Operation notwendig?
Wenn die Fehlstellung bereits weit fortgeschritten ist, sich die Reiterzehe versteift hat oder starke Schmerzen auftreten, ist eine Operation oft unumgänglich. Es gibt verschiedene operative Verfahren, die je nach Ausmaß und Ursache der Fehlstellung individuell ausgewählt werden. Meist wird der überstehende Zeh begradigt, manchmal auch verkürzt oder ein Gelenk versteift. Auch begleitende Fehlstellungen wie ein Hallux valgus können in derselben Operation mit korrigiert werden. Der Eingriff erfolgt meist ambulant und unter lokaler Betäubung oder Regionalanästhesie.
Langfristige Prognose und Prävention
Nach einer Operation ist in den meisten Fällen eine deutliche Verbesserung der Beschwerden zu erwarten. Eine konsequente Nachbehandlung – etwa mit physiotherapeutischen Übungen und dem Tragen orthopädischer Schuhe – ist jedoch entscheidend für den langfristigen Erfolg. Rückfälle sind selten, können aber bei ausbleibender Ursachenbehandlung (z. B. unbehandeltem Spreizfuß) vorkommen.
Um einer Reiterzehe vorzubeugen, empfiehlt sich ein gesunder Umgang mit den Füßen: regelmäßige Fußgymnastik, das Vermeiden von zu engem Schuhwerk und gegebenenfalls das frühzeitige Tragen von Einlagen bei Fußfehlstellungen. Wer frühzeitig auf Warnsignale achtet und die Belastung der Zehen reduziert, kann oft vermeiden, dass es überhaupt zur Operation kommt.